Studien zur Frankfurter Geschichte: Band 43


 
 
Nachkriegskunst in Frankfurt am Main
Von Beate Kemfert
Frankfurt am Main 1999. ISBN 3-7829-0494-X

Wer an einem Donnerstagabend im März 1962 durch die Frankfurter Innenstadt ging, erblickte an der Hauptwache drei junge Männer in dunklen Anzügen mit tadellos sitzenden Krawatten, die schwarze Flugblätter verteilten. Wie schon viermal zuvor starteten Bazon Brock und Hermann Goepfert unter Mithilfe von Rochus Kowallek die fünfte und letzte Aktion ihrer "Donnerstagsmanifeste": "LA GARDE MEURT ET NE SE REND PAS ahnungslos und erfolgreich werden WIR WARTEN AUF DEN TOD VON".

Nein, die Avantgarde von "Picasso... Braque... oder Arp" sollte keine Wiederholung mehr finden, man wollte selbst ideenreich und originär an die Spitze der jungen Künstlerschaft treten. Dabei zählte Hermann Goepfert, der 1926 in Bad Nauheim geboren war, noch zu der Künstlergeneration, die durch Sozialisation im Nationalsozialismus und ihre unmittelbar nach dem Kriegsende begonnene Ausbildung die Orientierung an die Größen der Weimarer Zeit gesucht hatte. In seiner Zeit an der Städelschule vollzog er die Evolution der modernen Kunstgeschichte. Stationen seines schulischen Schaffens bildeten die Anknüpfung an Max Beckmann, Oskar Schlemmer und Ferdinand Léger, es folgten Auseinandersetzungen mit der Gegenwartskunst.

Durch die Bekanntschaft mit dem kontaktfreudigen Rochus Kowallek, der auf nationaler und internationaler Ebene mit Künstlern seiner Generation kommunizierte, konnte Goepfert im europäischen Kunstbetrieb schnell Fuß fassen. Bis 1960 hatte er nur in Deutschland ausgestellt. Eine Präsentation seiner Weißbilder in der Züricher Galerie Beno 1961 eröffnete den Austausch mit dem Ausland. Bei der III. Dokumenta in Kassel 1964 standen seine Aluminiumapparaturen neben den Werken der Düsseldorfer Künstler Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker.
International präsentierte Goepfert in den folgenden Jahren seine Objekte, die formal die "Zero"-Prinzipien Licht und Bewegung fortsetzten. Auf der Biennnale di Venezia 1965 war er mit seinem "Optophonium" vertreten, und 1967 konnte er auf der Weltausstellung in Montreal seine kinetischen Objekte aus Plexiglas zeigen. Aus Goepferts Ausstellungsteilnahmen ergaben sich enge Kontakte zu den in Italien lebenden Künstlern Piero Manzoni und Lucio Fontana und dem Belgier Jef Verheyen.

Das Ziel seiner Planungsgemeinschaft mit Johannes Peter Hölzinger war die Integration von bildender Kunst und Architektur. Ein städtebauliches Beispiel für die Arbeitsweise von Hermann Goepfert im öffentlichen Raum ist die Brunnenanlage am Eschenheimer Turm von 1967. Das kinetische Wasserspiel bleibt ein wichtiges Relikt der "Zero"-Zeit in Frankfurt am Main, die der Künstler Hermann Goepfert mit seinem Galeristen Rochus Kowallek wortgewandt angeführt hatte.

 
Quelle: http://www.frankhistkom.de